Auch Corona bremst „Friedensfahrt“ des MGH nicht aus / Kampf mit Wetterextremen
VON STEFAN GEHRE
Hamm-Westen – Sie haben mit ihrer Fahrt ein Zeichen gesetzt – ein Zeichen für den Frieden und gegen Diskriminierung, Fremdenhass und Rassismus. Sie, das sind zwölf Schüler der Jahrgangsstufen Q1 und Q2 des Märkischen Gymnasiums und vier Begleiter, die sich zum Ziel gesetzt hatten, 480 Kilometer durch Ostdeutschland zu radeln.
Das Ziel erreicht: Teilnehmer der „Friedensfahrt“des Märkischen Gymnasiums mit ihren T-Shirts „Demokratie zieht an!“ vor dem Brandenburger Tor. Foto: Kolpatzik
Beim Start in Hamm waren es dann allerdings nur noch 15 Radler. „Ein Schüler war kurz vor der Abfahrt positiv auf Corona getestet worden und musste zu Hause bleiben.“ Ein weiterer Schüler und ein Betreuer hätten die Tour, ebenfalls wegen Corona, vorzeitig abbrechen müssen, berichtete Geschichtslehrerin Dr. Andrea Kolpatzik.
Für sie war es die zweite „Friedensfahrt“. 2019 waren sieben Schüler ihrer damaligen Schule, dem Albert-Magnus-Gymnasium in Beckum, sowie 35 Jugendliche der Johannes-Gutenberg-Realschule Münster-Hiltrup mit dem Rad von der Holocaust-Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau zum Holocaust-Denkmal nach Berlin gefahren – 630 Kilometer in zwölf Tagen.
Diesmal waren es „nur“ 480 Kilometer, die die Radler auf mehreren Teiletappen absolvierten. Start war in Weimar. Über die Zwischenstationen Leipzig und Wittenberg ging es nach Berlin – meist abseits der Hauptverkehrsstraßen und auf schönen Radfahrrouten. Ganz so komfortabel war es aber nicht immer. In der Nähe von Berlin sei man etwa zehn Kilometer über Kopfsteinpflaster gefahren, so Kolpatzik, deren Vater als Guide fungierte und der die Tour ausgetüftelt hatte. Immer in Reichweite war der Begleitwagen.
Einige Teilstücke waren fahrtechnisch recht anspruchsvoll. Zwischen Weimar und der Gedenkstätte Buchenwald mussten 250 Höhenmeter bewältigt werden. Und auch das Wetter hatte einiges zu bieten. Auf dem Weg nach Leipzig war es 37 Grad heiß, einen Tag später dann elf Grad kalt.
Ausgezeichnete „Friedensfahrt“
Die erste „Friedensfahrt“ der Johannes-Gutenberg-Realschule Münster-Hiltrup und des Albert-Magnus-Gymnasiums (AMG) Beckum in 2019 wurde 2021 von Prof. Dr. Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, ausgezeichnet. Sie war beim bundesweiten Jugend-Wettbewerb „denkt@g“ auf dem dritten Platz gelandet. Bei der Preisverleihung waren drei Schüler des MGH – ihre für dieses Jahr geplante Tour war Corona-bedingt ausgefallen – und ein Schüler des AMG anwesend. Mit der Tour hätten sie ein eindrucksvolles Zeichen der interkulturellen Verständigung und Versöhnung gesetzt, hieß es damals. stg
Während der achttägigen Tour wurden neben der Gedenkstätte unter anderem die Nikolaikirche in Leipzig, der Mauerradweg in Berlin, einige Ausstellungen und natürlich der Bundestag erkundet. Dort wollten die Schüler eigentlich den früheren Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert treffen, den sie bereits 2021 während einer Online-Diskussion des Projektkurses Geschichte zum Thema „Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“ kennenlernen durften. Da er aber krankheitsbedingt ausgefallen war, sprang Henning Rehbaum, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Kreis Warendorf, ein. Zudem nahmen die Schüler an zwei Debatten im Bundestag teil. Einmal ging es um die berufliche Ausbildung, das andere Mal um die Frage, ob die Erinnerungskultur aufrechterhalten und weiter vom Bund finanziert werden soll.
Melina Burnic und Louis Chowdhury, zwei Teilnehmer der Tour, beantworteten diese Frage mit „Ja“. Über die Einwände der AfD beim Thema Erinnerungskultur habe es sich sehr geärgert. Höhepunkt der Tour sei für ihn die Gedenkstätte Buchenwald gewesen, so Chowdhury. Und auch bei seiner Mitradlerin hat die Tour „viele bleibende Eindrücke hinterlassen“.
Am letzten Abend der von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Bezirksregierung Arnsberg – von ihr gab es 1000 Euro – finanzierten „Friedensfahrt“ gab es ein Wiedersehen mit Schülern des Humboldt-Gymnasiums Eichwalde, Partnerschule des Märkischen Gymnasiums. Mit ihnen traf sich die Gruppe aus Hamm zu einem jüdischen Essen.
Für den Frühsommer 2023 ist die nächste „Friedensfahrt“ geplant. Dann soll es von Theresienstadt/Prag in Tschechien oder von Auschwitz in Polen nach Dresden gehen – natürlich klimafreundlich mit dem Fahrrad. „Und ohne E-Bike“, wie Kolpatzik sagte. Die Routenauswahl werde zeitnah erfolgen.
Aus dem WA vom 30.06.22