MGH diskutiert: Woher kommt der Judenhass?

von Stefan Gehre

Hamm-Westen – Auf dem Fußballplatz, im Jugendzentrum und sogar in der eigenen Familie: Immer wieder wurde Burak Yilmaz mit Judenhass konfrontiert. Seine Erinnerungen daran hat der in Duisburg lebende Muslim in dem Buch „Ehrensache: Kämpfen gegen Judenhass“ verarbeitet. In dieser Woche war er am Märkischen Gymnasium zu Gast, um daraus den Schülern der AG „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, des Projektkurses Geschichte der Q1 von Dr. Andrea Kolpatzik und einigen Zehntklässlern vorzulesen. Anschließend diskutierte Yilmaz, der für sein Engagement im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, mit den Schülern über das Thema.

© Ulrike Jost-Westendorf, MGH

Schnell wurde klar: Yilmaz, Sohn türkisch-kurdischer Eltern, und die Schüler bewegten sich auf einer Wellenlänge. Er erzählte davon, wie er als junger Schiedsrichter auf und neben dem Fußballplatz mit Rassismus und Antisemitismus konfrontiert wurde. Auch als Betreuer in einem Jugendzentrum habe er Antisemitismus bei Jugendlichen erlebt. „Ich hasse Juden, aber ich liebe meine Eltern“, habe ihm ein Jugendlicher mal gesagt. Deshalb habe er unter anderem das Projekt „Junge Muslime in Auschwitz“ initiiert und sei mit ihnen nach Auschwitz gefahren. Seinem Großvater, einem Judenhasser, habe er davon zunächst nichts erzählen dürfen.

Die Hammer Jugendlichen konnten die Schilderungen nachvollziehen, haben sie doch teilweise ähnliche Erfahrungen gemacht. Aber woher kommen Antisemitismus und Rassismus? Und vor allem: Welche Rolle spielen die Eltern? Eine Schülerin meinte, dass viele Jugendliche, die sich rassistisch äußern, Mitläufer seien: „Sie wollen einfach dazugehören.“ Ein Mitschüler, der als Schiedsrichter im Raum Hamm unterwegs ist, berichtete von rassistischen Äußerungen am Rande eines Fußballspiels. Dort seien Worte wie „Kanake“ gefallen.

Lebhaft diskutiert wurde die Frage, welche Rolle die Eltern spielen. Und dabei trafen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander. Weitgehend einig waren sich die Schüler darin, dass vieles von dem, was sie machen und erzählen, von den Eltern „vorgelebt werde“. Und: Es seien vor allem die Eltern, die Werte vermitteln. „Das bedeutet aber nicht, dass sie über mein Leben bestimmen“, meinte ein Jugendlicher.

Yilmaz selbst sprach vom Respekt, den er seinen Eltern und Großeltern gegenüber habe. „Zuhause war ich die Katze, draußen der Tiger“, meinte er vielsagend. Doch trotz des Respekts: Den Judenhass seines Opas habe er nicht übernommen. Er trete offen dagegen ein. Dennoch: An der Einstellung seines Opas werde er wohl nichts mehr ändern können.

Aus dem WA vom 15.09.2023

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