Schüler des MGH diskutieren mit Claudia Roth über Klimakrise, Rassismus und die Fußball-EM

von Stefan Gehre

Hamm-Westen – Für die einen ist sie eine „Nervensäge“ und eine „Emo-Tussi“, andere hingegen schätzen Claudia Roth für ihre direkte und offene Art: In dieser Woche stand die Bundestags-Vizepräsidentin von Bündnis 90/Die Grünen Schülern des Märkischen Gymnasiums, ihrer Lehrerin Dr. Andrea Kolpatzik und der Partnerschule aus Eichwalde online Rede und Antwort zu aktuellen Themen wie Rassismus und Vielfalt, Klimakrise, Fußball und Demokratie.

Letztere ist für Roth „der Kompass für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Leider gebe es noch immer viele Menschen, die die Demokratie mit Füßen treten. In Deutschland gebe es einen offenen Rassismus gegenüber Migranten, Juden oder Menschen mit einer Behinderung. Vom gleichen Recht für alle und einer Chancengleichheit sei man noch weit entfernt. „Jude“, „Zigeuner“ oder „Schwuchtel“ seien gängige Schimpfwörter auf Schulhöfen.

Ausdrücklich lobte Roth daher Projekte wie „Schule ohne Rassismus“, an dem sich das MGH schon seit vielen Jahren beteiligt. Dabei zog sie auch eine Parallele zwischen ihrer Heimatstadt Augsburg und Hamm. Ähnlich wie im Hammer Westen haben auch in der drittgrößten bayrischen Stadt mehr als 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine Zuwanderungsgeschichte.
Doch viele Parlamente, allen voran der Deutsche Bundestag, entsprächen nicht der Zusammensetzung der Gesellschaft. Im Bundestag gebe es zu wenig Frauen, Migranten, junge Menschen und Handwerker, die die Interessen dieser Gruppe vertreten können, so Roth, die sich zudem für ein allgemeines Wahlrecht ab 16 Jahren aussprach – vor allem mit Blick auf die Klimakrise: „Denn viele ältere denken, dass sie das eh nichts mehr angehe. Junge Menschen wie ihr werden die Auswirkungen aber noch deutlicher zu spüren bekommen“, so die 66-Jährige.
Kritik übte sie an der Art und Weise, wie die aktuelle Fußball-EM durchgeführt wird. „Muss es denn sein, dass Fans und Mannschaften tausende Kilometer zwischen den einzelnen Spielorten hin- und herfliegen?“, fragte sie. Das sei unverantwortlich. Nicht nachvollziehen könne sie auch die Entscheidung der UEFA, dass das Münchener Stadion nicht in den Regenbogenfarben – sie stehen für Offenheit und Toleranz – angestrahlt werden durfte.

Der eine oder andere Schüler war hier anderer Meinung: Politik habe im Sport nichts zu suchen. Und es werde Zeit, dass man nach dem Lockdown wieder Freude am Leben bekomme, sagte er mit Anspielung auf die Fan-Wanderungen. Das findet zwar auch Roth. Aber: Auch die UEFA müsse einen Beitrag gegen die Klimakrise leisten. „Und Corona ist noch nicht vorbei“, warnte sie – und konnte damit offenbar auch die Schüler überzeugen. Ein anderer wollte wissen, ob die Grünen vor lauter Klimakrise nicht andere wichtige Themen wie Ökonomie oder soziale Gerechtigkeit aus den Augen verlieren. Roth verneinte das und verwies auf Forderungen wie die Kindergrundsicherung und einen höheren Mindestlohn.

 aus dem WA vom 02.07.2021