Siebter Teil der MGH-Gesprächsreihe über die Zunahme rechtextremer und demokratiefeindlicher Tendenzen in Deutschland
Den Vortrag vor dem niedersächsischen Innenminister absolvierte Franziska Schröter routiniert, das Zoom-Gespräch mit Schüler*innen des Projektkurs Geschichte des Märkischen Gymnasium Hamm einen Tag später brachte sie jedoch ins Schwitzen: „Gerade mit Schülern möchte ich ins Gespräch kommen und habe mich deshalb besonders gründlich vorbereitet.“
Die Autorin präsentierte aus Berlin via Zoom im Rahmen der MGH-Gesprächsreihe „Kultur, Religion, Moral oder Kapital – Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“ zentrale Ergebnisse der aktuellen und vielfach rezipierten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung über rechtextreme und demokratiegefährdende Tendenzen in Deutschland in den Jahren 2020 und 2021. Ein wesentlicher Befund: Antisemitismus habe während der Corona-Pandemie zugekommen. Er sei das Fundament von Verschwörungstheorien und in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft etabliert. „Die Mitte ist gefordert, sich zu positionieren, sich klar gegen Antisemitismus zu stellen und Fakten nicht mit Meinungen gleichzusetzen“, formulierte Franziska Schröter auf Basis der Befunde einen Handlungsauftrag an die Hammer Gymnasiasten.
Diese nahmen den Auftrag an: Die Schülerin Orkide Yaman bat um Erklärungen für den Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und der Zunahmen von Antisemitismus in der Gesellschaft. Mia Gappa wollte wissen: „Warum werden gegenwärtig Maßnahmen der Pandemiebekämpfung mit Maßnahmen der Nationalsozialisten gleichgesetzt?“ Und Leon Schmidtgal fragte: „Was können wir tun?“
Autorin Schröter hatte klare Antworten parat: Die Demokratie sei inzwischen weder selbstverständlich noch ein Selbstläufer. Die sogenannte bürgerliche Mitte sei nicht nur gefordert, das Konzept der Demokratie zu verteidigen, sondern auch mit Leben zu füllen. Denn: „Natürlich kann man kritisieren, dass die Bürokratie langsam ist und der Output der Politik meist ein Kompromiss. Nur hat diese vermeintliche Behäbigkeit von Bürokratie und Politik eben auch gute Gründe“, so Schröter. Sie empfiehlt: „Aufklären und klare Kante zeigen. Wir müssen als Gesellschaft endlich wieder lernen, zu streiten, ohne Grenze zu überschreiten. Hierzu gehört auch das Aushalten anderer Meinungen.“